Warum zieht es mich so aus Deutschland hinaus? Ist es ein Phänomen, welches nur mich betrifft, oder sind davon mehrere betroffen? Diese Gedanken habe ich mir schon oft gemacht. Was wäre wenn...? Einfach ciao sagen und dahin ziehen, wo die Sonne scheint und das Leben genießen (ich schreibe diesen Text übrigens, während es bei mir in Deutschland stürmt ... im Mai). Ein Blick auf meine finanziellen Mittel bringt mich dann wieder schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Um ins Ausland zu gehen, brauche ich Geld. Oder doch nicht?
Um das herauszufinden, habe ich mich auf die Suche begeben. Wie kann ich im Ausland leben und arbeiten? Durch meine Recherche konnte ich auf jeden Fall schon in Erfahrung bringen, dass ich nicht der einzige Deutsche bin, den es ins Ausland zieht. Um herauszufinden wie die 4% das tatsächlich geschafft haben, habe ich mit verschiedenen Leuten gesprochen, die über eine längere Zeit im Ausland gelebt und auch gearbeitet haben. Dabei ist mir bewusst geworden, dass ich bereits einige Chancen hatte, im Ausland zu leben und diese nicht genutzt habe. Um euch zu zeigen, welche Erfahrungen andere bereits mit dem Leben im Ausland machen konnten, erzähle ich euch von:

Laut einer Statistik des »Deutsche im Ausland e.V.« haben sich 2021 3,4 Millionen deutsche Auswanderer im Ausland niedergelassen. 2,7 Millionen sind im Erwerbsalter von 15 bis 64 Jahren. Die meisten Deutschen (außerhalb Deutschlands) leben in den USA, im Vereinigten Königreich und der Schweiz. Innerhalb Europas (und außerhalb Deutschlands) leben mit 1,8 Millionen mehr Deutsche als im Rest der Welt. Die meisten Zuzüge gab es in den letzten Jahren in der Schweiz und in Österreich. 15 Prozent der Deutschen würden gerne ins Ausland ziehen, nur etwa 4 Prozent setzten diese Absicht auch um.
Was war der größte Unterschied zu Deutschland?
Meike Muss ich kurz überlegen, ich dachte England ist nicht so weit weg und es wird sich auch nicht so viel ändern. Man muss halt nur auf die Insel und da ändert sich nicht so viel. Aber da habe ich mich tatsächlich getäuscht. Die Kultur ist in England doch deutlich anders, als in Deutschland. Die Menschen waren zuerst recht zurückhaltend. Amis fallen einem ja eher direkt um den Hals. Engländer sind da erstmal zurückhaltender. Es war dadurch nicht ganz einfach, gute Kontakte zu knüpfen. Wenn man aber mit den Leuten einige Zeit verbringt, konnten sich auch gute Freundschaften entwickeln.
Was hast du am meisten vermisst?
Meike Familie. Ich hatte das Bedürfnis von zu Hause mal wegzumüssen. Aber als ich dann weg war, habe ich erstmal, gemerkt wie sehr ich das alles vermisst habe. Deutsches Brot und hessische Ahle Wurscht.
Was war die größte Herausforderung?
Meike Ich war nie schlecht in Englisch, aber auch nicht super gut. Ich wollte, das es perfekt ist. Die größte Herausforderung war einfach drauf loszusprechen. Das lernt man aber relativ schnell, weil man merkt, dass es funktioniert. Die Kollegen reißen einem auch nicht direkt den Kopf ab, solange man sich versteht. Eine weitere Herausforderung war, dass ich mich um ein neues Zuhause kümmern musste, weil ich mein Wanderjahr verlängert habe. Gerade die bürokratischen Hürden waren nicht ganz einfach. Am Ende hat aber trotzdem alles geklappt.
Was vermisst du hier, was du dort hattest?
Meike Ich vermisse tatsächlich das englische Essen, was wahrscheinlich viele nicht nachvollziehen können. Ich mochte die englische Küche sehr gerne, gerade mit seinen indischen Einflüssen. Auch vermisse ich den englischen 5 Uhr Tee und englisches Frühstück. Achso, und die Engländer „queuen” immer. Das bedeutet die stellen sich in Warteschlangen auf und das funktioniert bei denen so viel besser, als bei uns. Es gibt einfach kein Gedränge.
Welche Erfahrungen hast du mitgenommen?
Meike Das Auslandsjahr hat mich selbstbewusster gemacht. So ein Jahr geht schnell rum und bringt einen tatsächlich sehr viel weiter. Die Sprache, einfach drauf losreden und all das hilft mir heute immer noch.
Hattest du einen Kulturschock?
Meike Ja, ich hatte schon einen Kulturschock. Das Gute war aber, dass wir ein Kulturtraining hatten. Aber weil ich dachte, dass die Kultur nicht so anders ist, hat es mich dann doch getroffen. Gerade, wenn alles neu und fremd ist. Zuerst war ich euphorisch. Das ist dann aber abgeflacht. Dann ging es mir auch zum Teil nicht so gut und ich habe das alles hinterfragt. Ob das alles so richtig war. Aber man hat sich tatsächlich schnell daran gewöhnt und ich konnte den Kulturschock gut überwinden.
Gab es da ein Ereignis?
Meike Kein konkretes. Aber meine Kollegen haben mich sehr unterstützt. Ich bin gerne an die Arbeit gegangen und habe sofort super viele Aufgaben bekommen. Das habe ich so nicht direkt erwartet. Und die Kollegen waren sehr bemüht, dass es mir gut geht. Das hat mir sehr geholfen. Sowas macht natürlich etwas mit einem, das Team war super nett und hilfsbereit.
Hast du was Kulturelles übernommen?
Meike Den 17 Uhr Tee; mache den nicht mehr so oft. Ich freue mich über baked beans im Einkaufsladen. Die werden dann direkt eingepackt zum Frühstück. Engländer sind auch sehr entspannt und höflich. Immer nett und zuvorkommend. Das habe ich auch für mich übernommen.
Würdest du es wieder machen?
Meike Ja, auf jeden Fall. ich habe auch gerade überlegt, dass es wieder viel zu lange her ist und es wäre mal wieder Zeit für ein Auslandsjahr. Ich kann es jedem nur empfehlen, es bringt einen nur weiter und ein Jahr geht super schnell rum. Daher machen!
Hast du ein paar Tipps?
Meike Gedanken machen! Was will ich erreichen? Egal wohin man geht, es ist immer eine Bereicherung. Auch wenn man länger wo lebt, übernimmt man die Kultur. Das ging so weit, dass ich in Deutschland einen erneuten Kulturschock bekommen habe. Zum Beispiel der Unterschied von Rechts- und Linksverkehr. Auch wenn die Kultur anders ist, sind wir uns ähnlich. Man findet immer nette Leute.
Würdest du in deinem Land wieder Urlaub machen?
Meike Seitdem ich da war, mache ich regelmäßig in Großbritannien Urlaub. Das Wetter ist nicht so schlecht, wie der Ruf. Engländer reden nur gerne über das Wetter, und halten gerne Smalltalk. Ohne Wanderjahr hätte ich mir das nie vorstellen können, aber ich würde da immer wieder Urlaub machen.
Wie waren die Arbeitsbedingungen?
Meike echt ähnlich, da es ja Konzernvorgaben gibt. Standard war von Mo - Do länger zu arbeiten, um dann freitags um 12 Uhr zu gehen. Bei VW in Deutschland war alles casual, bei Bentley hingegen haben alle Business getragen. Männer mit Anzug, Frauen mit Kleid an die Arbeit gekommen. Außer am „Casual Friday“, da durfte man auch eine Jeans tragen. Ansonsten waren die Unterschiede aber nicht so groß.
Was war der größte Unterschied zu Deutschland?
Katrin Die Gelassenheit.
Toni Würde ich auch sagen. Die Mentalität der Personen. Das ganze Leben ist langsamer und entspannter.
Was habt ihr in der Zeit am meisten vermisst?
Katrin Hast du was vermisst? (schaut Toni an) ich glaube ich habe nichts vermisst.
Toni So direkt tatsächlich nicht, zumindest nichts Wichtiges. Was einem ein bisschen fehlt, ist die Struktur und die Termintreue. Eine kleine Anekdote: Wir sind viel mit dem ÖPNV gefahren und es gibt keine Pläne. Man wartet dann halt und irgendwann kommt ein Bus. Aber daran kann man sich gewöhnen.
Was war die größte Herausforderung?
Katrin Die Wohungsfindung.
Toni Definitiv die Wohnungssuche. Es sollte eigentlich eine Kontaktperson vor Ort geben, die uns dabei hilft, aber wir haben nur eine Telefonnummer bekommen und dann soll da sich wer melden, der wen kennt und was vermietet. Der hat aber nichts vermietet. Es war also doch schwerer als gedacht. Da wir als Studenten nicht so viel Geld hatten und wir wollten ja auch nicht zu weit abseits leben.
Was vermisst du hier was du dort hattest?
Katrin Ich vermisse tatsächlich viel. Das Wetter, die Nähe zum Meer.
Toni Die Gelassenheit der Leute und die gemeinsame Zeit.
Welche Erfahrungen hast du mitgenommen?
Katrin Man soll sich nicht immer so viel Stress machen. Die Dinge gehen auch, wenn man sie etwas gelassener angeht.
Toni Dinge einfach mal machen. Menschen ohne Vorurteile begegnen. Wir haben einfach sehr viel Menschen kennengelernt und trotz der verschiedenen Sprachen konnte man sich gut verständigen.
Hattest du einen Kulturschock?
Toni Das ist eine gute Frage (lacht). Ich würde sagen, zu Beginn hatten wir schon einen Kulturschock. Wir sind nachts in Südzypern gelandet und der Taxifahrer hat uns vor vier Mülltonnen rausgelassen, in denen Tiere sich was zu essen gesucht haben. Es hat gestunken und wir wussten nicht, wo wir hinmüssen. Es war halt nicht der deutsche Standard. Nach den ersten Tagen haben wir das aber lieben gelernt. Generell findet das Leben mehr draußen statt, es ist halt schön warm. Die Menschen legen daher nicht so viel Wert auf die Unterkünfte.
Katrin Man musste sich auch daran gewöhnen, dass keiner pünktlich ist. 20 Minuten zu spät ist da pünktlich.
Toni Zusagen sind eher schwammig. Wenn nicht heute, dann morgen. Wir haben draußen Leute beobachtet, die zu dritt die Glühbirne einer Laterne gewechselt haben. Wir haben drei Stunden Kaffee getrunken und die haben geraucht und selbst auch Kaffee getrunken.
Katrin Aber es funktioniert tatsächlich sehr gut.
Toni Gerade, wenn man Deutschland mit dem Stress ausblendet, dann funktioniert vor Ort alles doch ganz gut.
Katrin Stress hatten wir auf jeden Fall nicht.
Hast du was Kulturelles übernommen?
Katrin Die Gelassenheit. Wir sind schon optimiert darin, jetzt drei bis vier Stunden Kaffee zu trinken.
Toni Das würde ich auch sagen. Wir versuchen das schon in unseren Alltag einzubauen. Einfach hinsetzten und das Leben beobachten. Sich nicht zu viel Stress selbst machen.
Würdest du es wieder machen?
Katrin Sofort.
Toni Ja, auf jeden Fall. Hätten wir das vorher gewusst, dann hätten wir auch ein ganzes Jahr gemacht und nicht nur ein halbes.
Hast du ein paar Tipps?
Katrin Einfach mal drauf einlassen. Nicht davon ausgehen, dass es ist wie zu Hause. Dann kommt man schon ganz gut klar.
Toni Wenn man sich bewirbt für ein solches Auslandssemester und genommen wird, dann sollte man versuchen, Anschluss zu finden. Das macht dann schon viel Spaß.
Würdest du in deinem Land Urlaub machen?
Katrin Ja, machen wir auch. Unser Ziel ist einmal jährlich. Aber wir haben es bisher noch nicht jährlich geschafft.
Wie waren die Studienbedingungen?
Katrin Besondere Hürden gab es nicht. Es war tatsächlich einfacher als in Deutschland. Die Klassen waren kleiner. Wir waren eher wie Schulklassen, so 15 Leute.
Toni Manchmal saßen wir zu zweit mit dem Dozenten zusammen und zur Klausur waren wir dann auf einmal 50.
Katrin Das Noten anrechnen lief auch ohne Probleme, da das ganze über Erasmus lief.
Habt ihr denn ein paar Anekdoten?
Toni Wir sind angekommen und haben von Erasmus einen Plan bekommen und sollten uns bei einem Koordinator treffen. Auf dem Plan stand, dass wir uns ab 8 Uhr vorstellen sollen. So wie wir Deutsche sind, wussten wir ja nicht wohin wir müssen und waren dann schon um 7 Uhr auf dem Campus und eine Viertelstunde früher vor dem richtigen Büro. Wir haben geklopft und niemand hat reagiert. Bis 10 Minuten nach 8 haben wir gewartet und haben dann im Sekretariat nachgefragt. Als der Koordinator dann endlich kam, hatte er ein Windows Update auf Windows XP und nichts hat funktioniert. Er wollte dann erstmal mit uns einen Kaffee trinken. Die Abläufe sind definitiv anders.
Katrin Aber, ich würde das alles jederzeit vorziehen, es war einfach viel persönlicher.
Toni Eine weitere Anekdote: Wir hatten einen Lieblingsprof. Bei ihm saßen wir oft nur zu zweit. Der hat uns dann ganz oft auf einen Kaffee eingeladen und über Privates geredet. Das kennt man halt aus Deutschland nicht.
Katrin Einmal hat er uns auch eingeladen und meinte, er hätte in einer halben Stunde eine Vorlesung. Wir haben dennoch zugesagt und es verging eine halbe Stunde, eine ganze Stunde, zwei Stunden. Wir haben dann nachgefragt, was denn mit der Vorlesung sei. Seine Antwort war dann nur: Ja das Leben ist zu kurz und wir wären seine Freunde und man müsse Prioritäten auch mal anders setzen. Deswegen geht er jetzt nicht in die Vorlesung.
Toni Er hat dann einfach geschwänzt und mit uns die Zeit verbracht. Das war für uns echt nett und wertschätzend. Aber für die Personen die dann vielleicht gewartet haben. Gibt’s sonst auch nicht, aber war schon cool. Mit dem Prof haben wir auch immer noch Kontakt und wenn wir auf Zypern sind, besuchen wir ihn regelmäßig. Das Verhältnis ist tatsächlich geblieben.
Was war der Grund für dein Auslandsjahr?
Tom Ich hatte schon in Mittelstufe schon überlegt ins Ausland zu gehen, aber aus Geldgründen ging das nicht. In der Oberstufe ging es dann allerdings. Natürlich wollte ich auch ganz basic mein Englisch verbessern. So richtig schön klischeehaft. Dazu hatte ich auch das Gefühl, dass ich als jugendlicher relativ schüchtern war und das war eine gute Möglichkeit, mir selbst mal in den Hintern zu treten. Das waren an sich meine Hauptgründe.
Was war der größte Unterschied zu Deutschland?
Tom Das Schulleben als solches war komplett anders. Bei uns in Deutschland geht man zur Schule und will vielleicht auch noch gut sein, aber dann wars das auch schon wieder. In den USA war der Spirit ein ganz anderer. Man verbringt seine Freizeit dann auch noch in der Schule. Es gibt alle Arten von Veranstaltungen. Nicht nur Sport, zum Beispiel habe ich auch an einer Matheolympiade teilgenommen oder es gab dann halt solche Art Oscars, einen richtigen Gala-Abend.
Was findest du besser?
Tom Für mich war es definitiv schöner, dass alles in der Schule stattgefunden hat. So konnte ich leichter Kontakte knüpfen, aber ich kann es schon verstehen, dass es einen nerven kann, wenn du in der Schule nicht so gut unterkommst, hängst du mit den gleichen Leuten auch noch in der Freizeit rum.
Was hast du in der Zeit am meisten vermisst?
Tom Jugendliche in den USA sind mit 18 Jahren tatsächlich sehr eingeschränkt. In Deutschland ist man dann schon freier. Wenn ich überlege, wie wir in Deutschland mit 16 Jahren nachts um die Häuser gezogen sind. Das geht in den USA halt nicht. Mal davon abgesehen das es verboten ist, gibt es einfach nichts, wo man abends hingehen kann. Ich habe in einer Kleinstadt (ca. 25.000 Einwohner) gelebt. Es gab keine Ausgehmöglichkeiten oder Bars, zumal ich da ja eh nicht reindurfte. Wir mussten uns dann privat in den Häusern treffen. Das Weggehen habe ich tatsächlich vermisst. Gerade, weil ich es schon einige Jahre kannte. Es ist tatsächlich so wie in den Filmen, dass, wenn jemand sturmfrei hat, die Partys dann da abgehen.
Was war die größte Herausforderung?
Tom Ich war am Anfang, wie bereits erwähnt, recht schüchtern. Es kommen zwar Leute auf einen zu und sind nett zu einem, aber um dann Freunde zu finden, muss man dann schon selbst hinterher sein. Das ist mir schon schwergefallen, da ja Klassen bereits existiert haben. Es ist nicht ganz einfach in einer festen Clique Anschluss zu finden. Die Sprache war tatsächlich nicht das Problem, da waren alle super nett und zuvorkommend. Es war schon nice, dass ich mein Handy in Klassenarbeiten als Übersetzer nutzen durfte. Vielleicht hatte ich da auch noch mehr Infos drinnen stehen.
Was vermisst du hier, was du dort hattest?
Tom Ist natürlich schon sehr lange her, aber es wird von Jahr zu Jahr weniger. Am Anfang habe ich schon mehr vermisst, als jetzt. Ich denke, am meisten vermisse ich diverse Essensketten und ich kann nicht verstehen, wie sowas in Deutschland keinen Fuß fassen kann. Zum Beispiel »Buffalo‘s Sportsbar«. Da gibt es halt Chicken Wings mit verschiedenen Soßen und überall läuft Sport. Sogar auf dem Klo, beim Pinkeln. Damit du nichts verpasst. Und Live-Veranstaltungen der Schule. Sport und Konzerte. Das könnte ich hier auch machen, aber da war es umsonst und mit seinen Freunden.
Hast du auch selber Sport gemacht?
Tom Ich war in einer Fitness-Studio-Klasse und wir waren jeden Tag eine Stunde im Fitness-Studio. Dann habe ich Basketball gespielt. Da wurde ich zwar komplett zerstört, aber hat trotzdem Spaß gemacht. Nach der regulären Schulzeit habe ich dann Lacrosse gespielt und das war super cool. Und es war schon so ein bisschen, wie man es sich vorstellt, mit der Clique, die dann auch noch nach dem Sport rumhängt.
Hattest du Ambitionen in Deutschland weiterzumachen?
Tom Nicht wirklich. In Kassel gibt es zwar einen Verein, aber ich schieße seit Kindertagen Bogen und das habe ich dann wieder angefangen.
Findest du, dass US-Sport in Deutschland zu wenig Aufmerksamkeit bekommt?
Tom Jeder, wie er mag. ich mag Basketball und Lacrosse zum Beispiel mehr als Fußball, aber wenn man das schauen will, dann geht das auch. Zum Beispiel auf YouTube..
Welche Erfahrungen hast du mitgenommen?
Tom Tatsächlich habe ich das erreicht, was ich wollte. Mein Englisch ist deutlich besser geworden. Reden natürlich nochmal anders als Schreiben, aber es ist schon besser geworden. Auch bin ich selbstbewusster geworden. Ich kann also sagen, ich bin damit rausgekommen mit dem, was ich wollte. .
Hattest du einen Kulturschock?
Tom Nicht richtig, Nordamerika und Europa sind schon sehr ähnlich. Aber was dort natürlich anders ist, dass einem vor Ort einige Nazisprüche entgegengebracht wurden. Nicht mal, weil die es böse meinen, aber Geschichte ist nicht schulpflichtig und daher gibt es halt Leute, die davon keine Ahnung haben. Aber es war schon befremdlich, weil man das aus Deutschland nicht so kennt. Auch ist mir aufgefallen, dass die Amerikaner unfassbar verschwenderisch sind und der Umgang mit Müll ist auch ein anderer als bei uns. Zum Beispiel haben sich meine Gasteltern im angesprochenen Buffalo Wing Laden 24 Wings bestellen und nur 4 gegessen.
Hast du was Kulturelles übernommen?
Tom Ja, vielleicht diesen klassische »American Way Of Life«, wenn du dich anstrengst, dass du auch was erreichen kannst. Man wurde halt in den USA für gute Leistungen besser belohnt und das habe ich so für mich übernommen.
Wie waren die Bedingungen in der Schule?
Tom Man hatte mehr Freiräume, war aber auch super eingeschränkt. Zum Beispiel gibt es einen Schulbus mit einem garantierten Sitzplatz für dich und der kommt halt auch jeden Tag pünktlich. Das war schon deutlich besser als in Deutsch-land. Am Anfang des Schuljahres triffst du dich mit einem Vertrauenslehrer und der hat dann mit dir einen individuellen Stundenplan zusammengebaut. Auch gab es viel mehr Fächer, du konntest zum Beispiel Spielentwicklung in der Schule wählen oder ganz viele Sportarten. Andererseits warst du auch viel überwachter. Wir hatten zwei Schulgebäude mit unterschiedlichen Klingeln und nur, wenn du die Gebäude wechseln musstest, durftest du vier Minuten früher raus als die anderen. Dann waren beide Gebäude von der Polizei bewacht. Und auch wie man es aus Filmen oder Serien kennt – auf die Toilette durftest du nur mit Erlaubnis des Lehrers. Man hat dann einen Schein bekommen, damit du vor den Polizisten beweisen konntest, dass du nicht schwänzt. Aber wir mussten nicht durch Metalldetektoren, das hatten andere Schulen.
Würdest du es wieder machen?
Tom Ja, auf jeden Fall, aber ich weiß nicht, ob ich wieder in die USA gehen würde. Aber auf jeden Fall Ausland!
Warum nicht USA?
Tom Naja man wird ja älter und man reflektiert mehr und da gibt es halt Sachen in den USA, mit denen ich nicht konform bin. Aber es liegt nicht daran, dass ich keinen Spaß hatte. Vielleicht würde ich ein exotisches Land wählen, welches nicht englischsprachig ist.
Würdest du in deinem Land Urlaub machen?
Tom Habe ich schon gemacht, aber während der Trump Zeit war ich halt nicht da. Aber unabhängig von der Politik und den Menschen gibt es viele schöne Orte. Aber zurzeit plane ich keinen neuen Urlaub, weil ich aber auch schon viel gesehen habe.
Hast du ein paar Tipps?
Tom Es ist, glaube ich, schon etwas mitgeschwungen. Einfach den Mut haben auch mal Sachen ausprobieren, die man noch nicht kann. Sich nicht von Leuten runterziehen lassen, die einem was nicht gönnen. Haltet euch an die Leute, die euch guttun. Macht einfach das, was ihr im tiefsten Inneren tun möchte, wo man vielleicht Angst hat es nicht zu tun und es am Ende doch macht.
Was nehme ich für mich mit?
Nach den ganzen tollen Geschichten, die ich hören durfte, ist mein Bedürfnis, ins Ausland zu gehen, nochmal deutlich gestiegen. Mitgenommen habe ich vor allem, dass ich mich selber aktiv darum bemühen muss und einem nichts in den Schoß fällt. Allerdings waren alle Erfahrungsberichte so positiv, dass ich entweder noch während des Studiums oder aber spätestens in der Arbeitswelt versuchen werde, einige Zeit im Ausland zu verbringen. Ich ärgere mich aber auch, dass ich nicht schon vorher den Schritt gegangen bin. Dennoch überwiegt die Freude, dass ich mit den vielen Menschen ihre tollen Geschichten teilen konnte. Ich hoffe, ich konnte der ein oder anderen Person das Leben im Ausland ein wenig schmackhaft machen. Ich denke die Erfahrungen, die man während dieser Zeit erhält, prägen jeden Einzelnen für das gesamte Leben.
Das Leben ist doch zu kurz um sich diese schöne Welt nicht anzuschauen.